Bücher zum Thema Angeln gibt es bereits sehr viele. Die Meisten sind eher, naja, nennen wir es mal leichte Kost um angehenden Anglern einen kleinen Überblick in die Materie zu vermitteln. Aber es gibt auch einige Bücher die einen besonderen Status einnehmen. Solche nämlich die auf fundiertem Wissen interdisziplinärer Themengebiete wie Gerätekunde, Ichthyologie, Limnologie und beispielsweise Metrologie beruhen. Hiervon gibt es in dem für mich interessanten Sektor der Raubfischangelei nur eine Hand voll Titel die den Begriff „Standardwerk“ verdienen. Ob das aktuelle Buch Jens Bursells ein solches Standardwerk ist, wird nachfolgend erläutert.
Jens Bursell ist vielen spätestens seit dem Erscheinen seines mittlerweile schon legendären Buchs „Specimen Hunting“ ein Begriff. Der Däne ist seit einigen Jahrzehnten in anglerischer Mission überall auf der ganzen Welt unterwegs. Früher waren es vornehmlich Friedfische denen er nachstellte. Mit zunehmendem Alter scheint der gute Mann aber auch eine Schwäche für Raubfische entwickelt zu haben. Vor wenigen Wochen erschien sein Buch „Hecht Angeln“. In Anbetracht der fachlichen Kompetenz des Autors und seiner vorherigen Werke stand eigentlich schon vor dem offiziellen Release Termin fest, dass ich dieses Buch haben musste. Um das Wichtigste schonmal vorweg zu nehmen: Ich wurde nicht enttäuscht! Der Preis ist allerdings mit gut 40€ ziemlich gesalzen.
Müsste man das Buch nur anhand seiner Fotos bewerten, wäre das Urteil einwandfrei. Oder um es anders auszudrücken. Die Bilder sind, wie von Jens Bursell gewohnt, wirklich sehr hochqualitativ sowohl was die Szenen- als auch die Motivauswahl betrifft. Was weniger positiv wenngleich irgendwie schon legitim ist, ist die geschickte Produktplatzierung im Buch. Müsste ich raten würde ich fast sagen, dass Herr Bursell mit den Firmen Savage Gear und Westin mindestens freundschaftlich verbandelt ist. Oder anders ausgedrückt: Nur wenige Autoren würden Köder und Produkte einer oder mehrerer Firmen in den Vordergrund eines Sachbuches rücken, ohne eine Entlohnung dafür zu erhalten oder zu erhoffen. Da ich von beiden Firmen ebenfalls Produkte fische und von diesen gleichfalls positiv angetan bin, kann ich es schon etwas nachvollziehen wieso er sich für Produktplatzierungen dieser Marken entschieden hat. Allerdings sind schon wirklich viele solcher Bilder im Buch. Da ist meiner Meinung nach der schmale Grat etwas überschritten worden.
Bewertet man das Buch inhaltlich bzw. von der sachlichen und fachlichen Kompetenz des Autors so kann man hier absolut nichts dran rütteln. Das passt wie Arsch auf Hose. Zudem kann der Autor auf jahrzehntelange Erfahrung im Angeln zurückblicken. Viele andere Autoren haben noch fünf Finger gegen Willy unter der Bettdecke gespielt, da stand Bursell bereits am Wasser seinen Mann.
Eine negative Sache die vermeidbar gewesen wäre möchte ich hier noch ansprechen: Das Thema Rechtschreibfehler. Das Buch ist neu auf dem Markt und ursprünglich in einer anderen Sprache verfasst worden. Bei der Übersetzung haben sich einige Rechtschreibfehler eingeschlichen. Eigentlich wäre es Aufgabe des Verlags gewesen dafür zu sorgen, dass diese sich in Grenzen halten. Für meinen Geschmack kamen hier schon recht viele vor. Ob es Übersetzungsfehler aus der ursprünglichen Sprache gab, kann ich nicht beurteilen. Der Text liest sich flüssig und ist in sich schlüssig, daher gehe ich davon aus, dass hier alles in Ordnung ist.
Allerdings muss man Jens Bursell zugutehalten, dass er für sein Buch selbst Studien durchgeführt hat und nicht nur die Ergebnisse anderer (angehender) Akademiker zusammenfasst. Seine im Buch vorgestellten Release Montagen mögen aus seiner Sicht und aufgrund seiner generierten Daten möglicherweise wirklich eine Verbesserung des Hakeffekts beim Hechtfischen haben, aber ganz ehrlich, schön sieht die Montage nicht aus. Außerdem vermarktet er die Produkte die zum Bau seiner Montagen nötig sind. Klar werden jetzt einige einwerfen, von irgendwas muss der Mensch ja leben und wenn ers erfunden hat, soll ers auch vermarkten dürfen. Dagegen ist ja nichts einzuwenden aber das erinnert mich immer ein bisschen an das Bild eines Hundes der sich genüsslich das Skrotum leckt…
Ob das Buch als Standardwerk der Hechtfischerei Eingang in die literarischen Annalen finden wird, bleibt abzuwarten. Nichtsdestotrotz über 370 Seiten geballte Power mit fachlichem Tiefgang.