Als eingefleischter Raubfischangler kann ich der Fischerei auf Friedfische nicht allzu viel abgewinnen. Dies war nicht immer so. Meine ersten Schritte im Bereich Angeln begannen am Feuerlöschteich meines Onkels, irgendwann Ende der Achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Es folgte eine Zeit in der sich angeltechnisch bei mir alles um Karpfen drehte. Hecht, Forelle & Co blieben in Ermangelung passender Gewässer (vorerst) vor mir verschont. Dies änderte sich erst als ich berufstätig wurde. Keine Schul- oder Semesterferien mehr in denen man den Karpfen mehrere Tage am Stück nachstellen konnte, keine Tage an denen man nur Vormittags büffeln musste und Nachmittags frei hatte… folglich fehlte mir schlichtweg die Zeit und ggf. auch die Motivation mich dem Karpfen zu widmen. Hinzu kam, dass ich zu dieser Zeit in den hiesigen Angelsportverein eintrat und sich mir dadurch neue Möglichkeiten erschlossen. Fortan sollte es verstärkt auf Forelle, Barsch, Zander und Hecht gehen. Zwar habe ich mittlerweile auch Zugang zu Gewässern mit sehr gutem Karpfenbestand, allerdings sind die Vereinsregeln was das Zelten am Wasser sowie C&R betrifft sehr straff. So verabschiedete ich mich mehr oder weniger von der Fischerei auf Friedfische/Karpfen.
Im Sommer 2018 erschien dann eher zufällig ein neuer Zielfisch auf meinem Radar. Die Renke. Zwar hatte ich bereits davor immer mal wieder gehört, dass mein Hechtgewässer auch einen ordentlichen Bestand an Renken hat. Aber diese Fischart lies mich bis dato mehr oder weniger kalt. Ich fand die Zupferei und das Rummgegammle im Boot ziemlich affig und eher was für die alten Herren. Zwischenzeitlich gingen mir besagte Altsemester auch ziemlich auf den Senkel, positionierten sie sich doch zielsicher mit ihren Booten entlang bzw. auf meiner Schlepproute. Aber was will man machen, der See gehört ja nicht nur mir ;) Irgendwann im Spätsommer 2018, der Hecht wollte an diesem Tag gerade nicht so wie ich, beobachtete ich von einer schattigen Bucht aus das frivole Treiben einiges älteren Pärchens im „Renkenboot“. Der Mann zupfte gerade an seiner Renkenrute, die Frau zupfte ebenfalls, allerdings an seiner „Rute“… Irgendwie fasziniert und angewiderte zugleich verfolgte ich mehr oder minder dösend das sich mir bietende Schauspiel. Das zweite Auge öffnete ich erst dann, als mehr Schwung in die Sache kam – und das dauerte gar nicht mal lange. Anscheinend verirrte sich eine Renke an einen der Springer und siehe da, die Zupferei der Frau endete schlagartig als der Mann wie von der Tarantel gebissen nach oben schoss und versuchte die Renke zu landen. Nun stand er da, im wahrsten Sinne des Wortes, mit heruntergelassenen Hosen, mitten im See, die eine Rute krumm, die andere wohl eher semi-schlaff und versuchte den Fisch zu landen. Seine Gespielin sah nicht allzu glücklich dabei aus. Dem Kerl war sein Bekleidungszustand ziemlich egal, er propellerte fröhlich weiter vor sich hin ohne seine Blöße zu bedecken. Aber wer von uns Anglern kennt das nicht – kaum hat ein dicker Fisch gebissen, blenden wir alles um uns herum aus. Dabei ist es egal ob wir nasse Füße haben, frieren oder uns durch gewagte Manöver in Gefahr bringen. Hauptsache der Fisch hängt und kann erfolgreich gelandet werden. Lange Rede- kurzer Sinn.
Am gleichen Abend verzog ich mich in die tiefen meines Angelkellers und suchte nach meiner Renkenrute. Ja richtig gelesen. Ich hatte zuvor zwar noch nie auf Renken gefischt, habe allerdings von einem Freund einige Jahre zuvor eine Renkenrute zum Geburtstag geschenkt bekommen. Diese galt es nun zu finden. Hegenen hatte ich auch irgendwo noch ein oder zwei in Originalverpackung rummliegen. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was mich dazu trieb, am kommenden Tag am See den Renken nachzustellen. War es die filmreife Vorstellung des Pärchens oder die sichere Gewissheit beim Schleppen auf Hecht erneut den Kürzen zu ziehen – ich weiß es heute ehrlich gesagt nicht mehr. Fakt ist jedoch, dass ich am Tag drauf mein Boot in die Flottille der Renken- Opas einreihte und so tat, als wäre ich einer von ihnen. Getarnt war ich mit so einem albernen Schlapphut, kariertem Hemd und einer dicken Schicht Sonnencreme. Nach dem Austausch der üblichen Floskeln unter Anglern („Petri – und? Geht was?“) war der Freundlichkeiten genüge getan und alle fingen an konzentriert ihre Hegenen im Zeitlupentempo über den Grund zu lupfen. Nicht gerade spannend – vor allem da auf dem Echo keinerlei Fisch zu sehen waren. Nach einer halben Stunde stupiden Hebens und Senkens der Paternostermontage beschloss ich den Bulk der Angleropis zu verlassen und mir eine andere Ecke zu erschließen (in der ich zugegebener weise immer wieder mal ordentliche Fischschwärme auf dem Echo gesehen hatte). Die Schwierigkeit bestand darin, dass der Wind auf dem See im Prinzip von 10 Uhr vormittags bis 18 Uhr abends weht. Man muss das Boot also verankern. Lässt man jedoch den Anker vorsichtig herunter, flüchten die Schwärme auf dem Echolot deutlich sichtbar. In Ermanglung an anderen Optionen ankerte ich also trotzdem an „meiner“ Stelle und begann wenig später mit der Zupferei. Nach 10 Minuten zeigte sich dann plötzlich erneut ein Fischschwarm auf dem Echolot. Ich rechnete fest mit einem Biss – und bekam auch „Kontakt“ – zumindest konnte ich am Ende der Rute spüren, wie die Fische in meine Schnur schwammen. Der Anhieb ging folglich ins Leere. Bis ich gelernt hatte, dass Renken sich selber haken, dauerte es noch einige Zeit – aber das ist ein anderes Kapitel.
Nach einiger Zeit konnte ich dann erneut einen Fischschwarm über das Echo huschen sehen. Kurz darauf war die Rute krumm…aber so richtig. Ich freute mich schon richtig über meine vermeintlich erste Renke…und förderte eine Doublette halbstarker Barschbrut an die Oberfläche. Es sollten noch weitere Barsche folgen. Doch auch für die Kerlchen hatte ich damals Verwendung. Barsche geben perfekte Köderfische ab. Außerdem ist es an diesem See nicht einfach Köderfische zu fangen…Darüber hinaus konnte ich auf dem untersten Springer immer wieder wieder Jungzander fangen. Schon erstaunlich….
Nach einem erneuten Platzwechsel versuchte ich mein Glück in einer entlegenen Ecke des Sees. Dort ist das Wasser etwa 8m tief und ruhig. Außerdem zeigten sich direkt über Grund einige kleine Fischschwärme. Wohl an – die Hegene rauschte erneut Richtung Gewässerboden – nur um wenig später mit meiner ersten Renke wieder an die Oberfläche zu kommen. Ich hatte den Biss gar nicht wirklich mitbekommen. Es war vielmehr ein seitlich versetztes Ziehen der Schnur welches mich auf den Fisch aufmerksam machte. Der Anfang war gemacht. Es sollte in der nächsten halben Stunde noch eine weitere Renke dazu kommen. Leider beide unterhalb des festgeschriebenen Schonmaßes aber hey – immerhin zwei Renken gefangen. Danach kam dann der Herbst und somit auch die Renkenschonzeit.
Es dauerte fast ein Jahr bis ich erneut zur Renkenrute griff, dann aber zu einem, deutlich feinfühligerem Gerät. Auf anraten eines guten Freundes kaufte ich mir die Daiwa Twilight Renkenrute. Und siehe da, die Bisse wurden plötzlich recht gut sichtbar/spürbar.
2019 stand erstmal ganz im Zeichen des Hechtes – dachte ich. Aber nachdem dieses Jahr die Fangerfolge fast komplett ausblieben, erinnerte ich mich wieder an die Renkenfischerei vom letzten Jahr. [Die ollen Hechte können mir 2019 echt gestohlen bleiben…]
Im August war es dann soweit. Wir rückten zu zweit aus um es den Coregonen doppelt schwer zu machen unseren Hegenen zu entkommen. Wie zu erwarten, tat sich erst mal nichts. War irgendwie klar. Ich legte meine Rute beiseite und montierte die Spinnrute. Vielleicht lässt sich ja ein Zander oder Barsch fangen…. Wenig später machte mich mein Kollege drauf aufmerksam, dass die Rutenspitze meiner Hegenenrute zuckt. Tatsächlich, da scheint sich wohl etwas daran verirrt zu haben. Vorsichtig begann ich den Fisch Richtung Oberfläche zu dirigieren. Das gestaltete sich soweit als recht einfach. Kaum ist der Fisch allerdings kurz unterhalb der Wasseroberfläche fängt er an nach links und rechts auszubrechen und kurz unter der Wasseroberfläche kräftig hin und her zuschießen. Nach einem etwas längeren aber fulminanten Drill, hatten wir die erste maßige Renke im Boot – und was für ein Exemplar. Von der Statur her wohl eher der Ottfried Fischer unter den Renken… Wenig später sollten noch zwei weitere Exemplare der gleichen Gewichtsklasse folgen. Wow, was für ein Auftakt. Besonders gewundert hat mich, dass die Fische in meinem Hausgewässer so fett und hochrückig sind. Normalerweise sind Renken optisch eher etwas zu groß geratene Lauben. Unsere Renken hingegen sahen aus wie Zopen (zumindest von der Statur her…). Abschließend würde ich sagen, dass ich ganz leicht mit dem Renkenfischer Virus angefixt bin, allerdings glaube ich, braucht es doch noch ein paar Jahrzehnte bis ich mich zur Garde der alten Renkenopis zählen kann. Ein netter und irgendwie spannender Zeitvertreib ist die Fischerei auf Renken jedoch allemal.