Für viele Angler bedeutet ihr Hobby lediglich einen Wurm auf einen Haken zu spießen und somit mit wenig finanziellen Einsatz möglichst viel an Nahrung zurück zu bekommen. Wenig investieren und viel raus bekommen. Klar, keiner macht gerne Miese oder allgemein ein Verlustgeschäft. Nachdem sich ja alles im Leben lohnen muss, nimmt man es mit der Weidgerechtigkeit und Nachhaltigkeit nicht so eng, schließlich zählt das Fangergebnis. Diese Leute haben den Begriff Hobby oder Bewirtschaftung nicht ganz verstanden – von anderen Begriffen wie Ethik, Moral, Nachhaltigkeit und Weitsicht wollen wir jetzt besser gar nicht erst anfangen. So eine Einstellung würde man in einem dritte Welt Land noch nachvollziehen können wo die Natur die Existenzgrundlage der Menschen bildet, nicht aber in einem Industrieland wie Deutschland.
Eine andere Sorte an Anglern meint, wenn sie nur so mit dem Geld um sich wirft, sich Erlaubniskarten für die besten und exklusivsten Gewässer kauft und mit Tackle im Wert eines Mittelklassewagens am Wasser aufkreuzt, sei ihre Schuldigkeit gegenüber der Kreatur, dem Gewässer, der Gesellschaft und der Umwelt im Allgemeinen getan. Geld reagiert die Welt und dementsprechend darf man sich am Wasser aufführen wie King Kox nur weil man eben Geld hat. Logisch, oder? Warum sollte man auch den Müll vom Wasser wieder mit nach Hause nehmen? Schließlich zahlt man ja dafür einen Haufen Geld um sich in der Natur zu entspannen. Von Arbeit war schließlich nicht die Rede. Auch der Weg zum 100m entfernten Mülleimer ist leider nur in Ausnahmefällen für diese Leute zumutbar. Ganz ehrlich? Bleibt zu Hause in euren Villen, setzt euch eure Zielfische in eure Swimming Pools und haltet euch bitte von natürlichen Gewässern fern.
Die dritte Gruppe sind die, die verstanden haben, dass der Fisch einerseits ein Lebewesen ist und andererseits eine natürliche, begrenzte und damit endliche Ressource/Lebensmittel darstellt. Dementsprechend entnehmen sie nur das, was sie wirklich zum Leben (sofern es überhaupt in heutiger Zeit noch nötig ist, Fisch zu entnehmen) brauchen.
Ein kleines Beispiel: Mein Hausgewässer ist ein mittelgroßer Fluss. Der Gewässerabschnitt an dem ich mein Unwesen treibe, ist ca. 11 km lang, zumindest laut Google Maps. Wenn man jetzt noch die gesperrten Laichbezirke und Fischruhezonen raus rechnet, kommt man etwa auf 8 km netto Angelstrecke. Auf dieser Strecke werden 450 Jahreskarten an die Vereinsmitglieder ausgegeben. Früher gab es für diese Strecke keine wirklichen Fangbeschränkungen bei den Forellen aufs Jahr gesehen. In den letzten 20 Jahren hat sich dies aber teils deutlich geändert. Zuerst wurde ein Tagesfanglimit von 2 Fischen und ein Wochenfanglimit von 4 Fischen eingeführt. Anschließend gab es dann plötzlich ein Jahresfanglimit von 30 Fischen…dann waren es auf einmal „nur“ noch 25 Fische. Der Aufschrei unter den Anglern der ersten beiden oben genannten Kategorien war groß. Aber wieso eigentlich? 25 Fische aufs Jahr gesehen ist schon gar nicht so wenig. Das bedeutet im Durchschnitt alle zwei Wochen eine Fischmahlzeit. Sofern man nicht Pescetarier ist, ist diese Menge an Fisch doch ausreichend um den persönlichen Bedarf zu decken. Die Betonung liegt hier auf PERSÖNLICH. Ihr kauft eine Erlaubniskarte die auf euren Namen läuft, folglich solltet ihr nur das entnehmen, was ihr selbst esst. Mit „ihr“ ist der Angler selbst gemeint. Nicht seine Lebensabschnittsgefährtin, nicht seine Reproduktionsprodukte, nicht sein Hund oder seine Katze, nicht die Nachbarn und auch nicht die Arbeitskollegen. Sollte es nicht ausreichen, kann man immer noch in den anderen Gewässern die vielleicht weniger empfindlich auf die Entnahme von Fischen reagieren (z.B. größere Seen), seinen Speisebedarf decken. Leider sehen viele Leute im Verein das Gewässer als Selbstbedienungsladen. Da geht es nicht nur darum seinen eigenen Fischbedarf zu decken, sondern auch noch die halbe Nachbarschaft mit zu versorgen, schließlich will man als toller und gewiefter Angler gelten. Man biedert sich quasi bei seinen Mitmenschen an, will zeigen was man kann und definiert sich über seine Fangerfolge. Traurig…einfach nur traurig…zumal es wirklich keine Kunst ist Satzfische die erst wenige Wochen im Gewässer sind und die Umstellung von Kraftfutter auf natürliche Nahrung noch nicht komplett abgeschlossen haben, zu fangen. Aber rechnen wir uns das ganze doch mal genauer aus: 25 Fische als erlaubte Jahresausbeute pro Angler. Das macht bei 450 Anglern die alle erfolgreich sind in Summe eine Entnahme von 11.250 maßigen Fischen pro Jahr. Egal wie gut das Gewässer ist, die biotischen Faktoren, die klimatischen Bedingungen usw. können eine Entnahme von so vielen Fischen nicht kompensieren. Das ist schlichtweg nicht möglich. Genau aus diesem Grund setzt mein Verein massiv Forellen in diesen Fluss – um den Mitgliedern „was zu bieten“. Nun, wir sind uns wohl alle einig, dass der Fischbesatz an den meisten Gewässern der einzige Grund ist, wieso der Fischbestand dort noch nicht komplett kollabiert ist. Dessen sind sich die Menschen, respektive viele Angler, schlichtweg einfach nicht bewusst.
Um es mal klarzustellen. Das soll keine Aufforderung sein, alle Fische wieder zurück zu setzen (das würde am Sinn der Fischerei vorbei gehen). Vielmehr sollten sich einige Individuen darüber klar werden, dass unsere Gewässer mittlerweile schlichtweg überfischt sind. Die Menge an ausgegebenen Tages- und Jahreskarten, die Anzahl der zulässigen Entnahmemenge pro Person usw. stellen unsere Fischgründe vor enorme Herausforderungen. Außerdem ist in dieser Betrachtung das Räuber-Beute Verhältnis noch nicht einberechnet. Jeder Hecht, jeder Zander oder Waller frisst kleinere Fische. Auch hier findet quasi ein Schwund statt. Hinzu kommt noch der Druck durch andere Predatoren wie Fischadler, Kormoran, Gänsesäger, Fischotter, Mink usw. Diese Tiere holen sich auch ihren Teil der Nahrung aus dem Gewässer. Dann darf nicht außer Acht gelassen werden, dass jedes Jahr ein bestimmter Prozentsatz an Fischen eines natürlichen Todes stirbt. Das nennt man dann aber im Gegensatz zur Entnahme durch den Angler, ein funktionierendes Ökosystem das sich selbst erhält und Verluste kompensieren kann. Die Entnahme durch rutenschwingende Barbaren ist darin nicht vorgesehen.
Zusätzlich kommt es in verbauten Fließgewässern auch noch zu Schwund durch die vielen in den Turbinen der Kraftwerke zerstückelten Fische…
Einen guten Film zum Wechselwirken zwischen Natur und Mensch bezogen auf Fische und Angler findet ihr hier. Auch hier war Kristof Reuther federführend.