Kennt Ihr das Gefühl wenn in euch drin die Waage schief hängt und Ihr euch selber sagen müsst, ich fühle mich unwohl. Wenn man einfach keinen klaren Kopf mehr hat und nur noch an eines denken kann? Es ist ein unbeschreiblicher Drang dem man nicht stand halten kann egal mit was man sich abzulenken versucht. Man will den Ruf der Natur folgen und ans Wasser. Ein klarer Fall eines süchtigen Specimenhunters der dem Winter nicht länger stand halten kann.
Ich nahm mein Telefon zur Hand und hörte mich um ob schon die ersten Karpfen aktiv wären und lust zu fressen hätten. Da aber die meisten Gewässer die ich in meiner näheren Umgebung befische sehr groß und flach sind und damit nicht gerade geeignet sind für so kalte Winterliche Bedingungen fiel die Entscheidung recht schnell auf einen kleinen Baggersee der ca. 100 Km von mir entfernt war. Die ersten Karpfen wurden dort schon gefangen und somit stand fest, dass ich über Ostern die Zeit dort verbringen werde.
Ich schaute mir den Wetterbericht an, der für die nächsten Tage heftigen Sturm mit Schnee und Schneeregen und Temperaturen zwischen -2 bis +4 Grad Celsius vorhersagte. Das waren die kältesten Ostern seit über 30 Jahren und ich wollte zum fischen.
Es waren nicht die besten Vorraussetzungen für den Saisonstart ins neue Jahr aber ich musste raus. Der Drang war zu groß um ihn noch mal unterdrücken zu können.
Bei der Hinfahrt stürmte es kräftig und es kam wie es kommen musste, ich stand erst mal im Stau. Ich war froh noch im warmen Auto zu hocken und ahnte schon dass es sehr kalte Tage am Wasser werden würden. Sollte ich das wirklich machen stellte ich mir die Frage. Ich konnte noch zurück, noch ist nichts zu spät. Nein, keine halben Sachen. Das ziehst du jetzt durch. Mittlerweile hörte es kurz auf zu regnen und ich hoffte dass ich noch rechtzeitig im trocknen mein Camp aufbauen konnte. Am Wasser angelangt fing es sofort aus allen Wolken an zu Regnen und es kam noch ein kräftiger Schneeregen dazu das ich innerhalb weniger Minuten bis auf die Unterhose nass war. Gott sei Dank habe ich im Auto immer ein paar Ersatzklamotten den aus Erfahrung habe ich gelernt.
Ich fuhr mit dem Echolot ein paar Runden und meine Stellen waren schnell gefunden. Ich fischte auf der Windgeschützen Uferseite. Die Wassertemperatur betrug dort 6,2 Grad was somit die wärmste Ecke in diesem See war. Der Bereich wo der Wind den See berührte, hatte das Wasser nur noch 5,8 Grad Celsius. Ich legte eine Rute direkt vor meine Füße unterhalb eines Busches ab weil es vom Ufer aus direkt runter auf 3,5 Meter ging. Die andere Rute fischte ich 40 Meter gerade aus auf ein Kiesplateau in 4,2 Meter Tiefe. Ich fütterte gerade mal pro Rute 5 Boilies und eine Hand voll sich schnell auflösenden Minipellets um die Fische nicht gleich satt zu machen bevor sie mein Hakenköder finden würden.
Nach dem alles aufgebaut war kochte ich mir erst mal ein Tee der mich wieder etwas auftauen sollte. Gerade als der Wasserkocher das pfeifen anfing merkte ich wie meine rechte Rutenspitze das wackeln anfing und schon hebte sich mein Swinger nach oben. Bevor ich aber zur Rute kam hatte sich der Karpfen schon gelöst. Na toll, super start in die Saison 2008. Nass kaltes stürmisches Wetter, einige Stunden Stau auf der Autobahn und klitsch Nasse Klamotten und dann schlitz mir noch der erste Karpfen des Jahres aus. Ich fluchte wie ein Weltmeister und tanzte vor lauter Wut um mein Zelt herum. Als ich mich dann endlich wieder beruhigt hatte, montierte ich meine Rute neu und legt sie raus. Kaum eine Stunde später hatte ich den nächsten Biss auf dieselbe Rute. Ich nahm die Rute hoch und suchte Kontakt zum fisch. Als ich den ersten Widerstand spürte erschlaffte meine Schnur und der nächste Karpfen war mir ausgestiegen. Das gibt es doch nicht das mir gleich zwei innerhalb so kurzer Zeit auskommen. Meine Rigs waren normalerweise immer zuverlässig und hackten die Fische sicher. Was war bloß los? Nach sorgfältiger Überprüfung des Vorfachs wurde mir klar warum die Fische sich nicht gescheit gehakt haben. Durch die kalte Wassertemperatur bewegten sich die Karpfen fast nicht und lagen ruhig auf den Boden herum. Ich hatte mich für ein viel zu langes Vorfach entschieden, der Karpfen konnte den Köder ein- und aussaugen und dabei nicht gehakt werden. Ich verkürzte mein Vorfach auf gerade mal 8 cm und legte die Rute erneut aus.
In der Nacht beruhigte sich das Wetter und es war nicht mehr so stürmisch aber sie brachte leider kein Fisch mehr und ich wollte mich nicht geschlagen geben und wollte die Fische nicht aussitzen sondern aktiv jagen. Ich hatte mir beim Loten am Vortag noch ein anderen Platz ausgesucht und dort ein wenig angefüttert. Meine Sachen waren schnell im Boot und ich fuhr auf eine Landzunge zu von der ich eine Rute in die Mitte des Sees in vier Meter tiefe legte und die andere zur Insel hin auf eine Kiesbank. Ich erhoffte mir das dort der eine oder andere Rüssler dort seine Patrolie mache würde und die Stellen von den Boilies samt Hakenköder aufräumen würde.
Dem war leider nicht so und ich hatte auch in der zweiten Nacht keine Aktion mehr gehabt. Für die letzte Nacht hatte ich mir ein Platz ausgesucht von dem ich den Spot befischen konnte an den ich am ersten Tag die zwei Aussteiger hatte. Ich wusste dass an dieser Stelle sich immer noch Karpfen aufhielten, da ich den Spot Tagsüber kontrollierte und das eingebrachte Futter komplett weg war.
Der andere Grund warum ich diesen Spot von einer anderen Stelle befischen wollte war das sich die Karpfen genau vor meinen Füßen sich aufhielten und durch ein steilen Abhang es nicht leicht war dort sich vorsichtig und leise genug sich zu bewegen.
Deshalb musste ich meine Ruten ca. 150 Meter über den See spannen um dort meine Montagen ablegen zu können. Da ich den See für mich alleine hatte konnte ich damit auch keinen stören.
Ich baute mein Camp auf und legte meine Fallen mit dem Boot raus und machte mir anschließend mein Mittagessen. Punkt 12 Uhr Mittag bekam ich ein Fallbiss auf meine linke Rute. Ich konnte es nicht fassen und realisierte es erst als die Rolle zum laufen anfing.
Kurzer Anhieb und ab ins Boot und den Fisch hinter her. Ich hatte große Probleme den Kontakt zum Fisch zu halten da er nicht viel Kraft entgegen setzte und ich mit dem Boot noch Rückenwind hatte. Als der Karpfen zu ersten mal die Wasseroberfläche durchbrach stieg mein Adrenalinspiegel deutlich nach oben. Es war einer der größeren Schuppenkarpfen des Sees. Nach weiteren Fünf Minuten landete er in meinen Kescher und ich schrie vor lauter Freude.
Nach kurzem wiegen und vermessen der Karpfendame hatte ich meinen ersten Fisch des Jahres mit 32 Pfund notieren können. Das war ein wunderschöner Start in die Saison 2008.
Leider fing ich bis zum nächsten Morgen keinen weiteren Karpfen mehr was mich auch nicht besonders störte. Ich war sehr zufrieden mit der Ausbeute und genoss die Zeit draußen in der Natur am Wasser.
Als ich mich auf dem Heimweg befand plante ich schon wieder den nächsten Trip an dieses Wasser. Ich war fasziniert von diesem See und zwei Wochen später befand ich mich wieder am selben Platz. Ich hatte mir für diesen Trip schon etwas wärmere Temperaturen erhofft aber dem war nicht so. Mein Thermometer fiel nachts immer unter die Null Grad Grenze und es gab eisigen Bodenfrost.
Das haben auch die Karpfen gespürt und ich fing nur ein Fisch mit 18 Pfund auf meiner Stelle.
Ab und zu muss man die Zähne zusammenbeißen und auch Tage am Wasser verbringen die nicht so viel Fische bringen. Aber nur wer dies macht wird auch irgendwann mit dementsprechendem Erfolgen belohnt.
Gerade in dieser Jahreszeit lernt man das Wasser ganz neu kennen. Es ist sehr interessant wie sich die Fische verhalten und wie die Natur in dieser kalten Jahreszeit sich zeigt.
Ich wünsche euch ein guten Start ins die neue Angelsaison und viele schöne Momente am Wasser.
Only „ BIG ONES“
Bis dahin Tobias Oppacher
– Natural Born Carphunter –